52 Bücher (52) – „Anna Karenina“ von Leo Tolstoi

Es ist vollbracht!!! Damit meine ich nicht nur das Monsterprojekt, sondern auch meine monatelange Lesearbeit an Tolstois Wälzer „Anna Karenina“. Zwar hat das Fellmonster dieses Buch bereits unter Romatisches Zeuchs besprochen, aber das Abschlussmotto war ja: Schreibt, über was ihr wollt. Also werde ich jetzt gnadenlos die Anna verbraten, die mich so viel Mühe gekostet hat. Außerdem passt sie auch gut in Lynies Projekt Read the Classics – wird Zeit, dass ich hier auch mal weiter komme.

Meine Besprechung bezieht sich auf die dtv-Taschenbuchaausgabe von 1987, übersetzt von Fred Ottow, die schon set Jahren bei mir im Regal steht.

„Alle glücklichen Familen ähneln einander; jedeunglückliche Familie ist auf ihre eigene Art unglücklich.“ So lautet der erste Satz, wohl einer der berühmtesten in der Weltliteratur. Darauf basiert laut Tante Wiki sogar ein psychologisches Prinzip, das „Anna-Karenina-Prinzip„, das besagt, dass mehrere Faktoren und Bedingungen für das Gelingen einer Sache notwendig sind. Wird aber eine einzige dieser Bedingungen nicht erfüllt, ist die Sache zum Scheitern verurteilt. Wer sagt’s denn, Lesen bildet.

In dem Roman sind die Geschichten von drei adligen Familien miteinander verflochten, die alle mehr oder weniger unglücklich sind:

In der Ehe des Fürsten Oblonskij und seiner Frau Dolly kriselt es, da der Fürst es mit der ehelichen Treue nicht so genau nimmt und außerdem die Neigung hat, über seine Verhältnisse zu leben. Am Anfang des Romans erwägt Dolly sogar, sich von ihrem Mann zu trennen, doch ihre Schwägerin Anna Karenina redet ihr ins Gewissen und rät ihr, zu tun, was ihr Herz ihr sagt. Und so bleiben die beiden zusammen und wursteln sich irgendwie durch.

Dollys jüngere Schwester Kitty ist in den Grafen Wronskij verliebt und erwartet seinen Heiratsantrag. Dafür hat sie  bereits den Antrag des Gutsbesitzters Lewin ausgeschlagen, woraufhin Lewin sich beschämt wieder aufs Land zurückzieht und in die Arbeit stürzt.  Wronskij hatte jedoch nie vor, ihr einen Antrag zu machen und interessiert sich mehr für Anna Karenina, was Kitty in eine tiefe Krise stürzt.

Während eines Kuraufenthaltes gewinnt sie jedoch ihre Gesundheit und ihren Lebensmut zurück. Bei einem arrangierten Treffen spricht sie sich mit Lewin aus, was schließlich zu einer Hochzeit der beiden führt. In ihrer Ehe haben sie zwar vor allem am Anfang immer wieder mit den üblichen Schwierigkeiten und Missverständnissen zu kämpfen, da sie sich gewissermaßen zusammenraufen müssen, doch om Großen und Ganzen sind sie auf eine bodenständige und sympathische Art glücklich miteinander und ihrem Sohn Mitja.

Kommen wir zur Titelheldin: Anna Karenina, die Schwester des Fürsten Oblonskij, ist mit dem Staatsbeamten Karenin verheiratet, und die beiden haben einen Sohn, Serjosha. Auf einer gemeinsamen Bahnfahrt lernt sie den Oberst Wronskij kennen. Die beiden verlieben sich ineinander, und Anna wird schließlich von Wronskij schwanger.

Ihr Ehemann Karenin möchte anfangs vor allem, dass der Schein und die Diskretion gewahrt bleiben, deshalb verzeiht er ihr und gibt ihr noch eine Chance, und Anna bleibt bei ihm. Nach der Geburt ihrer Tochter ist Anna schwer krank, doch als sie wieder gesund wird, stimmt Karenin einer Scheidung zu. Anna jedoch fürchtet, in diesem Fall ihren Sohn nie wieder zu sehen, und begnügt sich damit, zusammen mit Wronskij nach Italien zu reisen.

Als sie wieder nach Russland zurückkehren, müssen sie feststellen, dass vor allem Anna wegen ihrer ungeklären Verhältnisse von der Gesellschaft gemieden wird. Wronskij drängt auf die Scheidung, da er endlich seine Tochter legitimieren möchte. Als Anna endlich einwilligt, hat ihr Mann, der inzwischen völlig unter dem Einfluss der religiösen Gräfin Lydia steht, es sich anders überlegt.

Anna und Wronskij müssen feststellen, dass ihnen ihre gegenseitige Gesellschaft nicht reicht. Wronskij sucht einen Ausgleich in der Arbeit und der Politik, was Anna jedoch verwehrt ist. Sie klammert sich an Wronskij und steigert sich in den Gedanken hinein, dass er eine andere hat und sie nicht mehr liebt, und begeht schließlich Selbstmord, um ihn zu strafen und weil sie keinen Ausweg mehr sieht.

In diesen Haupthandlungen und zahlreichen Nebenhandlungen wird ein lebendiges Bild des zaristischen Russlands gezeichnet, das von vielen  Gegensätzen lebt: der strenge Staatsbeamte Karenin, der fröhliche Lebensgenießer Oblonskij, der ernsthafte Gutsbesitzer Lewin, dem das Wohl der Bauern sehr am Herzen liegt, sie alle sind Teil einer komplizierten Gesellschaft, die Tolstoi sehr bildhaft und lebendig beschreibt.

Warum habe ich mir dann mit dem Buch so schwer getan?

Vor allem hatte ich Probleme mit den ganzen Namen. Jede Figur hat eine Reihe von Vornamen, Familiennamen und Titeln, die fröhlich durcheinander verwendet werden. So heißt Oblonskij mit vollem Namen Fürst Stepan Arkadjewitsch Oblonskij, genannt Stiwa. Manchmal ist die Rede von Fürst Oblonskij, dann wieder von Stiwa, dann wieder von Stepan Arkadjewitsch. So ist es bei allen Hauptfiguren, so dass ich mich bei den ersten Kapiteln ständig fragte, ob da jetzt wieder eine neue Figur eingeführt wird, oder ob ich denjenigen schon kenne. Die Übersicht bei Wikipedia hätte mir da sicher weiter geholfen, aber die habe ich mal wieder viel zu spät entdeckt.

Außerdem, und das liegt sicher an mir, blieben mir die Figuren und die Kultur irgendwie fremd, so dass ich zwar interessiert weiter las, wenn ich mal wieder damit angefangen hatte. Aber sobald ich das Buch auf die Seite gelegt hatte, ließ ich mich von anderen Büchern auf Abwege führen. Es gibt viele Romane, die ich einfach nicht weglegen kann, bis ich sie ausgelesen habe, aber dieser gehört nicht dazu. Trotzdem finde ich ihn lesenswert und bin froh, dass ich mich durchgekämpft habe. Diesen Widerspruch löse auf, wer will…

Zum Schluss noch ein herzliches Dankeschön an das Fellmonster und alle Mitstreiter für dieses rundum gelungene Projekt! Für mich ist es ja noch nicht abgeschlossen, da ich noch einiges zum Nachholen habe, was ich mir für die nächsten Wochen auch fest vorgenommen habe.

Kategorien: 52 Bücher 1 - 3, Literarisches und Kulturelles | Schlagwörter: , , , , , , , | 4 Kommentare

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4 Gedanken zu „52 Bücher (52) – „Anna Karenina“ von Leo Tolstoi

  1. Ja, die gute Anna… Ich musste mich auch erst mal an den Stil gewöhnen, so schnell wie z. B. einen Skandinavien-Thriller o. ä. lässt sich das Buch nicht lesen. Aber ich fand es auch interessant, vieles aus einer Zeit zu erfahren, die heute auf uns total fremd wirkt, obwohl das alles noch gar nicht so sehr lange her ist…
    Von mir ein dickes DANKE fürs Mitmachen! Ich freue mich auf die Nachzüglerbeiträge und die neue Saison. 🙂

  2. Wronskij zieht in der Gewissheit, dass sein Leben ohne Anna keinen Sinn mehr hat, in den Krieg, um – ohnehin dem Tod geweiht – dem Körper noch einen Nutzen zukommen zu lassen.

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