„Erhebt die Finsternis sich wieder, wehren sechs sie ab;
Drei aus dem Kreis und Drei von dem Pfad.
Holz, Bronze, Eisen; Wasser, Feuer, Stein;
Fünf kehren wieder und Einer geht allein.“
Diese Woche gibt es ein Thema in verschiedenen Variationen: „Liebstes Kinderbuch“, „Ein Buch das man als Kind geliebt hat“ und „Welche/r Autor/in hat Dich in Deiner Kindheit am meisten beeindruckt, sprich: Welche Bücher hast Du damals unter der Bettdecke verschlungen?“
Schon als Kind war ich ein Stubenhocker und eine Leseratte, und Lieblingsbücher hatte ich unheimlich viele – eigentlich fast alles, was man lesen konnte. Also welches Buch? Aus irgendwelchen Gründen rüttelte die Formulierung von Dark Johann „Welche Bücher hast du damals unter der Bettdecke verschlungen“ eine ganz bestimmte Erinnerung wach:
Der Originaltitel lautet „The Dark Is Rising“ (1973), aber im zarten Alter von zehn Jahren konnte ich ja noch kein Englisch. 😉
Will Stanton, siebter Sohn eines siebten Sohnes, lebt friedlich mit seiner Familie in einem Dorf in England. Doch an seinem elften Geburtstag bekommt er einen eisernen Kreis mit einem Kreuz geschenkt, und ab diesem Moment ist nichts mehr, wie es war. Er lernt den geheimnisvollen Merriman Lyon kennen und erfährt, dass er zu den Uralten gehört, die auf der Seite des Lichts gegen die Finsternis kämpfen und sich frei durch Raum und Zeit bewegen können. Wills Aufgabe ist es, die sechs Zeichen des Lichts, die vor langer Zeit verloren gegangen waren, wieder zu finden.
Mit Hilfe von Merriman und der Alten Dame lernt Will, seine besonderen Kräfte zu kontrollieren, wobei er natürlich auch die notwendigen Fehler macht. Doch es sind die zwölf Tage zwischen Weihnachten und Dreikönig, und die Kräfte der Finsternis werden stärker. In der längsten Nacht des Jahres während eines fürchtbaren Schneesturms holt der schwarze Reiter zum entscheidenden Schlag aus…
Auch für die eifrige Leserin waren die Tage zu kurz, und so musste ich notgedungen mit der Taschenlampe unter der Decke Will auf seiner Suche begleiten und mit ihm mitfiebern. Damals wurde wohl meine Begeisterung für die Mythen, Sagen und Legenden der britischen Inseln geweckt: König Artus, Merlin, Herne der Jäger…
Es ist natürlich ein klassisches Thema – der Kampf des Lichts gegen die Finsternis oder Gut gegen Böse. Zum Uralten war man vorbestimmt, doch der Finsternis konnte jeder sich anschließen. Darüber habe ich lange intensiv nachgedacht, und ich fand es irgendwie schade, dass ich wohl kein Uralter werden konnte.
Viel später entdeckte ich, dass „Wintersonnenwende“ der zweite Band eines fünfteiligen Zyklus ist. Natürlich habe ich auch die anderen Bände gelesen, doch diese gewaltige Sogwirkung (ich kann es nicht anders beschreiben) hatten sie leider nicht. Vielleicht liegt es daran, dass dieser Band im Gegensatz zu den anderen mitten im Winter spielt, wo sowieso alles viel geheimnisvoller ist: Die Vorbereitungen auf Weihnachten und die damit verbundene Vorfreude, wie man sie selber auch kennt. Und plötzlich muss Will als Uralter eine Art Doppelleben führen, um seine Aufgabe zu vollbringen. So ist er zum Beispiel mit seinen Geschwistern beim Weihnachtsliedersingen im nahegelegenen Gutshaus, als plötzlich alle um ihn herum erstarren, nur er singt weiter. Er macht sich schon Sorgen, wie er denn als Elfjähriger die Baritonpartie des Königs Wenzeslas singen soll, als Merriman neben ihm steht und den Part übernimmt. Sie sind in einer anderen Zeit, wo Will eines der Zeichen finden muss.
Wenn ich dazu komme, werde ich dieses Buch nochmal lesen, diesmal allerdings im Original. Mal sehen, ob der Zauber immer noch wirkt. Ich werde es euch auf jeden Fall wissen lassen.
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