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52 Bücher (12) – „Buntschatten und Fledermäuse“ von Axel Brauns

Neues Motto, neues Buch – diesmal: Ein Buch mit einem Tier im Titel. Kein Problem, vor ein paar Monaten habe ich das Buch „Buntschatten und Fledermäuse – mein Leben in einer anderen Welt“ (Hamburg, 2002) von Axel Brauns gelesen.

Axel Brauns ist Autist und sein Buch autobiografisch. Geboren ist er am 2. Juli 1963, dem 183. Tag des Jahres, dem Tag also, der genau in der Mitte des Jahres liegt. Das Buch umfasst die Periode von September 1965 bis April 1983 und erzählt von seiner Kindheit und Jugend bis zu den Anfängen seines Studiums.

Es ist ein unheimlich interessantes Buch, da der Leser mitkriegt, wie Brauns die Welt wahrnimmt – und das ist ganz anders als man es kennt und gewöhnt ist: „Als ich zwei Jahre als war und schon im Hofhaus wohnte, verloren die Menschen um mich herum ihr Aussehen. Nebel verschleierte ihre Gesichter. Die Stimmen verdunsteten. Mit der Zeit verwandelten sich die Menschen um mich herum in flatterhafte Schatten, die auf mich wirkten, als wären sie aus dem All in meine Welt herabgeschneit.“ (Seite 15)

Mit den Reaktionen und Gefühlen der anderen Menschen kann er nicht viel anfangen, da er sie nicht wahrnehmen und unterscheiden kann. Wenn er z. B. wegen etwas ausgeschimpft wird, bezeichnet er das als „Lippenlärm“, dessen Bedeutung ihm aber entgeht. Da er die vielen verschiedenen Eindrücke der Außenwelt nicht filtern kann, zieht er sich gern zurück, meist in den Keller, wo er sich geheimnisvollen Tätigkeiten wie „wischeln“ oder „lichteln“ hingibt.

Seinen Vater nennt er den Dachs, seine Mutter die Haha und seinen Bruder den Heimer. Die Menschen, denen er vertraut, sind für ihn Buntschatten, und diejenigen, die ihm unheimlich sind, bezeichnet er als Fledermäuse. Dass gelegentlich aus einem Buntschatten eine Fledermaus werden kann oder umgekehrt, ist ihm nicht geheuer.

Seine Eltern tun alles, um ihn zu fördern: er muss zur Logopädin, um richtig sprechen zu lernen, geht zum Blockflötenunterricht und mit vielen Nachhilfestunden schafft er es auf das Gymnasium und zum Abitur. Und immer ist ihm bewusst, dass die anderen anders sind als er. Als Jugendlicher versucht er verstärkt, sich anzupassen und sich so zu benehmen wie die anderen, was aber oft schiefgeht: „Die Höflichkeit hat viele Näpfchen aufgestellt, in die man treten kann. Autisten sind Meister darin, keines auszulassen.“ (Seite 9) Von seinen Mitschülern und den Jungen in der Nachbarschaft wird er akzeptiert, auch wenn sie ihn manchmal etwas seltsam finden.

Langsam aber sicher macht er seinen Weg. Seine Geschichte endet zwar, als er fast zwanzig ist und sich beim Urlaub auf Sylt zum ersten Mal verliebt. Aber ich habe natürlich im Netz nachgeforscht und festgestellt, dass er ein Jurastudium begonnen und wieder abgebrochen hat, um sich ganz dem Schreiben zu widmen. Heute ist er Schriftsteller und Filmemacher.

Ich finde dieses Buch sehr lesenswert, da es einem mit viel Humor eine Welt näherbringt, die vielen Menschen fremd ist. Sehr gerne hätte ich auch einmal etwas über die Sichtweise der Mutter erfahren. Es wäre sicher interessant zu lesen, wie es für sie mit einem Kind war, das so anders ist als die anderen und ganz andere Bedürfnisse hat. Aber auch so ziehe ich meinen imaginären Hut vor ihr.

Ein bisschen mehr  über Axel Brauns kann man auf seiner Homepage finden, wenn auch die Informationen sich auf das Allerallerwesentlichste beschränken. Unter der Rubrik „Vita“ steht z.B. nur der eine Satz: „Axel Brauns lebt.“ Kurz und bündig.

Eigentlich ist Axel Brauns auch irgendwie ein Grenzwanderer…

Kategorien: 52 Bücher 1 - 3, Literarisches und Kulturelles | Schlagwörter: , , , , | 7 Kommentare

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